Reisen kann schon auch manchmal ein bisschen anstrengend sein. Wenn man beispielsweise nach einer 20-stündigen Fahrt mit dem Bus von Chiloé (Chile) über Santiago de Chile (nur kurz ausgestiegen, gewunken und mit dem nächsten Bus weitergefahren) in Mendoza (Argentinien) ankommt. Das Hostel mit der Bewertung 9,0 "Hervorragend" entpuppt sich als Friedhof der Unterhosen. An jeder möglichen wie unmöglichen Stelle sind Boxershorts begraben, die ihre beste Zeit schon hinter sich haben. Zum Beispiel auf der Mikrowelle, im Brotkasten und zur Begrüßung im Regal an der Rezeption. Mein Zimmer wird kurz nach Ankunft von einer kaputten Dusche geflutet. Ist aber dafür danach in Teilen halbwegs sauber. Also mache ich, was jeder vernünftige Mensch tun würde: Ich wechsele am Busbahnhof eine ordentliche Portion argentinische Pesos und ziehe den ganzen Tag durch Cafés und Restaurants. Mendoza ist Ausgangspunkt für Aconcagua-Bergsteiger. Den höchsten Berg Südamerikas konnte ich bei meiner atemberaubenden Busfahrt von Santiago nach Mendoza über den Paso de la Cumbre bestaunen. Wobei ich zugeben muss, dass ich beinahe daran vorbeigefahren wäre, ohne ihn zu bemerken. Eher zufällig schieße ich während der Fahrt ein Bild des Ü-6900ers, vergleiche es später mit Bildern im Internet und voilá, er war es. Bei der Fahrt über die Anden sehe ich roten Sand und gelben Stein, hohe Canyons und Berge, die aus nur einem Stück Fels zu bestehen scheinen. Eine Landschaft, die ich so noch nicht gesehen habe. Insofern hat sich der Weg nach Mendoza gelohnt. Mendoza selbst eher nicht. Also trete ich asap die nächste 15-Stunden-Nachtfahrt mit dem Bus "full cama" nach Buenos Aires an. Hier zeigt sich, dass das Universum doch immer einen gerechten Ausgleich parat hat: Das in "BA" gebuchte Privatzimmer im Stadtteil "La Boca" entpuppt sich als 6er im Lotto! Die Wohnung im Berlin-Altbau- und Lagerhaus-Stil ist genauso charmant wie der argentinische Gastgeber mit deutschen Wurzeln urgroßväterlicherseits. Gratis gib es Patchwork-Familien- und Freundeskreisanschluss: Denn die argentinischen Kumpels nehmen einen sofort in der Runde auf und auch meine liebe Freundin Thurid ist aus Deutschland dazugestoßen, um einige Wochen mitzureisen. Beim gemeinsamen Grillen auf dem "Rooftop" will man natürlich wissen, wie es um den deutschen Fußball steht, warum Lufthansa die "German Wings"-Katastrophe nicht verhindert hat und, der Klassiker: German Nazis und Hitlers Beziehung zu "Volkswagen". Das Leben in Buenos Aires ist quirlig und aufregend! Alte, aber größtenteils gut erhaltene Kolonialbauten, Retro-Busse und goldene Laternen machen das Bild der Innenstadt aus. In den Rand-Bezirken finden sich laute, etwas schmuddelige, aber gleichermaßen bunte und sympathische Stadtteile wie La Boca, sowie der neue, reiche und glänzende, aber gleichzeitig auch etwas sterile Bezirk Puerto Madero. Fazit: In BA is was los und für jeden was dabei. Für Thurid und mich geht's erst einmal weiter auf einen Abstecher nach Uruguay zum Urlauben. Denn so ein Großstadtleben ist doch auch schon ganz schön anstrengend …
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