Ich kann nie wieder in den Zoo gehen. Oder in einen botanischen Garten. Oder meine Zimmerpflanze ansehen und denken: Ach, ist doch eigentlich ganz gut gewachsen. Was die Messlatte für Flora und Fauna angeht, verdirbt einen Costa Rica wohl auf Lebenszeit. Auf meinem Weg entlang der Pazifikküste Richtung Süden tauche ich immer tiefer in die unendlichen Nature Reserves dieses artenreichen Landes ein. Ich arbeite mich von einem magischen Ort zum nächsten vor. Besuche Strände, bei denen das Meer bei Flut direkt an den Wald reicht. Schwimme in glasklaren Wasserfällen - mittlerweile die einzige Möglichkeit für ein bisschen Abkühlung, denn das Meer wird wärmer und wärmer. Ich rattere mit kleinen Boten durch Mangroven-Wälder und halte nach Krokodilen Ausschau. Bis ich an meinem südlichsten Ziel des "Costa Rica"-Abschnitts, in "Drake Bay", angelangt bin. Je weiter es Richtung Süden geht, desto erdrückender wird die Schwüle, desto üppiger wird die Vegetation und desto vielfältiger werden die Tierarten. Tucane und Arakangas segeln durch die Luft. Alle möglichen Arten von Affen hüpfen durch die Baumkronen und glotzen nur blöd, wenn wir wie hysterisch versuchen, unsere Fotoapparate zu finden. Hundert Meter lange Straßen aus tanzenden Blättern mit Ameisen darunter schlängeln sich durch den Urwald. Ich sehe die irrwitzigsten Formationen aus sich ineinander verschlingenden und aneinander festhaltenden Bambus-, Wurzel- und Baumformationen. Die Landschaft sieht hier noch genau so aus wie vor tausenden Generationen. Entspannung, in einer sonst sich so schnell verändernden Welt. Es gibt so viele Dinge, die ich hier zum ersten Mal erlebe: In Drake Bay sause ich mit einer costa-ricanischen Version eines Holland-Fahrrads über die Start- und Landebahn des örtlichen Flughafens, um zum Strand zu kommen. Offiziell schwer verboten, ganz konkret aber der einfachste Weg zum Strand und deshalb allgemein akzeptiert. Bei einer Wanderung am Rande des Nationalparks springt mir ein kleiner Affe direkt ans Bein und starrt mich mit seinen Knopfaugen an. Ich glaube, er hat gesagt: Nimm mich mit… Beim Schnorcheln vor der Insel "Cano" tauchen plötzlich 3 Schildkröten neben mir auf und wir machen ein paar Schimmzüge gemeinsam. Kurze Zeit später finde ich mich in der Mitte eines Strudels aus silbernen Jackfish wieder, die wie manisch ihre Kreise um mich ziehen. Das passiert also, wenn man seine Komfortzone aufgibt. Man gewinnt den Luxus, vom wahren Leben berührt zu werden. Und das streichelt mich meistens und hält meine Hand. Manchmal kratzt es auch ziemlich. Denn auch Bakterien gehören zu den kleinen Lebewesen, von denen es in Costa Rica besonders viele gibt. Und diese kleinen Viecher machen mich in Drake Bay für 3 Tage platt. Zusammen mit "Dimitri" - der hauseigenen Fledermaus - vegetiere ich den ganzen Tag auf der Terrasse meines wundervollen non-profit Hostels mitten im Urwald. Aber das gehört eben auch zum Reisen in Costa Rica dazu. Das Leben trägt hier keine sterilen Handschuhe. Die Costa Ricaner fassen dies alles in ihrem Lebensmotto zusammen, das zu so gut wie jeder Gelegenheit passend eingesetzt werden kann: "Pura vida!" Was soviel heißt, wie das 'reine / wahre / wahrhaftige Leben'. Eine Erinnerung, das Leben einerseits in vollen Zügen zu genießen und anzunehmen und andererseit nicht immer zu ernst zu nehmen. Man sagt es, um sich zu begrüßen, um sich zu bedanken, um mitzuteilen, dass etwas gut gelaufen ist, und um sich zu verabschieden. Denn was könnte man sich Schöneres zum Abschied wünschen als das "wahre Leben". Pura vida, liebe Freunde! Pura vida!
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