Rückkehr in verstaubte Gefilde

Santa Teresa (Costa Rica)
Santa Teresa (Costa Rica)

Wieder einmal sitze ich in einem heißen, staubigen "local bus" für einen Ortswechsel. Doch dieses Mal ist es anders als bei meinen letzten Touren: Zum ersten Mal, seit vielen Wochen, kehre ich zu einem Ort zurück, den ich bereits kenne. Nachdem ich in Drake Bay krankheitsbedingt einige Federn lassen musste, beschließe ich nach Santa Teresa zurückzukehren, um dort meine letzte "Costa Rica"-Tage zu verbringen. Es klingt vielleicht verrückt, aber die Vorstellung, an einen vertrauten Ort zu reisen, ist absolut beflügelnd. Ich weiß, welche Busse und welche Fähre ich nehmen muss. Ich kenne den Ort, also weiß ich, wie ich zu meinem Hostel komme. Als ich Santa Teresa den Bus verlasse, steigt mir gleich der bekannte klebrig-süßliche Geruch nach "Zuckerpalmöl" in die Nase. Das wird hier wie Streusalz auf den Straßen verteilt, um zumindest einen Teil des vielen Staubs zu binden. Dennoch sind die Pflanzen rechts und links der Straße von einer dicken graubraunen Schicht überzogen. Es sieht so aus, als ob hier vor kurzem ein Gebäude gesprengt worden wäre. Mit lautem Wrumm-Wrumm knattern Quads und Mopeds - die beliebtesten Fortbewegungsmittel in Santa Teresa - an mir vorbei. Zur Erklärung: Bei den Quads sitzen meistens die Mädels vorne. Kapazität: 1-3 Personen. Zusätzlich finden 1-2 kleine Hunde und ein Surfbrett oder auch mal ein Kühlschrank Platz. Bei den Mopeds sitzen meisten die Männer am Lenker. Kapazität: Von einer Person bis zu einer Kleinfamilie (Kleinkind - Vater - Schulkind - Mutter). Eventuell finden noch ein Hund und 1-2 Surfbretter Platz. Etwas schwerfällig setze ich mich mit meinem großen Gepäck in Bewegung. Ich weiß, bis zum Hostel ist es nicht weit. Und alle 20 Meter wird mir etwas leichter ums Herz, denn jeder, der mir entgegenkommt, schmettert mir ein wirklich freundliches "Hola, cómo estás?" entgegen. Da kann ich nur noch "Bien, muy bien." antworten. Santa Teresa: meine Medizin. Die letzten Wochen waren so spannend und haben mir so viel Neues und Schönes gezeigt, dass ich mir nun, an diesem vertrauten Ort, etwas Verarbeitungszeit gönnen möchte. Denn wenn man immer etwas Neues sieht, bedeutet das auch, dass man keinerlei Routine hat. Und das schlaucht. Jedes neue Land und jeder Ortswechsel allgemein erfordert eine Anpassung an die neue Umgebung. Wo ist der nächste Supermarkt? Wie funktioniert das hier mit den Bankautomaten? Halten die Autos, wenn ich über die Straße möchte? Wie ist meine Bleibe für die Nacht? Man weiß nie so recht, ob das, was man gebucht hat, Luxus oder Grütze ist. Man weiß nie, auf welche Menschen man als nächstes treffen wird und mit wem man sein Zimmer teilt. Klingt das wie eine Beschwerde? Ich hoffe, nicht! Eher eine Art "Halbzeitgedanke", denn rund die Hälfte meiner Reisezeit ist nun schon bald vorbei. Wie wild freue mich auf alles, was noch vor mir liegt! Oder sitzt ...: Kaum betrete ich die Veranda meines neuen Hostels muss ich grinsen, denn ich treffe einen alten Bekannten wieder: einen kanadischen Reisenden, den ich schon bei meinem ersten Aufenthalt in Santa Teresa kennengelernt habe. Auch er ist zum Wiederholungstäter geworden und er sitzt an genau derselben Stelle, an der ich ihn das letzte Mal vor meiner Abreise gesehen habe. "Schmutziges" Detail: er trägt dasselbe T-Shirt wie damals. Bei so viel Vertrautheit und Routine wird mir gleich ganz warm ums Herz. Und heute Abend, 17:37, geht's natürlich zum Sonnenuntergang an den Strand.

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Kommentare: 3
  • #1

    Rike (Montag, 01 Februar 2016 20:50)

    'Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ist sein treuer Diener' (Albert Einstein).
    Schön, dass Du auf Dein Geschenk gehört hast :) Erhol Dich gut in 'vertrauter' Umgebung und genieße das dolce far niente!

  • #2

    Andrea (Donnerstag, 04 Februar 2016 09:16)

    Liebe Welt-Eroberin,
    es freut mich sehr zu lesen, welche spannenden Dinge du erlebst. :-)
    Und, dass es nach wie vor die richtige Entscheidung war!
    Pass' schön auf dich auf und genieße die vielen folgenden Momente!!
    Festen Drücker aus dem nicht ganz so spannenden Koblenz!

  • #3

    Frank (Dienstag, 09 Februar 2016 03:52)

    Endlich in Deiner Zeitzone angekommen kann ich ein bischen fühlen wie es ist beim Reisen zu lernen.
    Warte schon gespannt auf Die nächste Episode!