Es heißt, die Maya hätten per Kalendereintrag vorausgesagt, dass am 21.12. oder am 23.12.2012 die Welt untergehen würde. Vielleicht konnten die Maya ja wirklich in die Zukunft blicken und wussten, was sich viele Jahrhunderte später zum Jahresende und zur "Spring Break" in Cancún so abspielen würde: der Untergang des Abendlandes. Zu diesen Zeiten strömen viele, viele tausend amerikanische Teenager in das mexikanische Party-Exil und feiern die Hotel-Meile auf und ab, bis der Arzt kommt. Wortwörtlich. Doch außerhalb dieser "Stoßzeiten" kann man in und um Cancún noch viel mehr erleben. Das quirlige Gemüt der Mexikaner, das Gletschereis-türkisfarbende Meer und die farbenfrohe Kultur, die an jeder Hausfassade und an jedem Straßenstand zur Schau gestellt wird, versprühen automatisch gute Laune. Mexikaner mögen's laut und bunt. Immer schon und überall. Was also tun an Karneval, um noch einen draufzusetzen? Die Steigerung von bunt lautet: Neon. Grell pink, grell grün, grell gelb sind eindeutig die Trendfarben zur diesjährigen "jecken Zeit". Doch jeden Morgen stellt sich die rebellische Sonne gegen das Prinzip "farbenfroh": Der Sonnenaufgang über dem karibischen Meer ist so grell weiß, dass es für kurze Zeit der kompletten Umgebung jegliche bunte Pigmente und Pixel entzieht. Zugegebenermaßen, einige Sonnenaufgänge überschlafe ich dann doch. Nach 4 1/2 Monaten ständigem In-Bewegung-Sein nehme ich in der Cancún-Home-Base meines Onkels eine kleine Auszeit vom Dauerreisen. Ich mache mich ziemlich gut als Poolliegen-Tester … Weniger als ich bewegen sich wohl nur noch die Leguane, die an jedem sonnigen Tag aus ihren Verstecken kriechen, sich auf den heißen Fliesen und Steinen flach machen und Energie tanken. Auch ich genieße die Horizontale in der Sonne, denn aus dieser Perspektive lassen sich besonders gut die Pelikane und Fregattenvögel beobachten, die Cancúns Küstenstreifen unsicher machen. Letztere tragen ihre Namen, da sie sich nicht selbst um ihre Beute kümmern, sondern andere Vögel mit Fisch im Maul attackieren, um ihnen den Leckerbissen abzujagen. Futterneid evolutionär manifestiert. Fisch gehört auch bei den Menschen vor Ort zum Hauptnahrungsbestandteil. Gegrillt, frittiert, als Ceviche zubereitet - Seafood gibt es überall in top Qualität, lecker und günstig. Genauso wie Avocado, am liebsten in Form von Guacamole. Unser Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei rund 3 Stück pro Tag. So gut gestärkt besuchen wir dann auch die beeindruckenden, uralten Maya-Stätten rund um Cancún: Tulum und Chichén Itzá. Hier scheint jeder noch vorhandene Stein nicht zufällig, sondern genau an Ort und Stelle zu sitzen. Eine intuitiv zu begreifende Infrastruktur. Vor allem die akribisch angeordneten Steinsäulen und bis zu 30 Meter hohen Steinpyramiden in Chichén Itza sind nicht von dieser Welt. In perfekten rechten Winkeln führt Stufe für Stufe für Stufe steil Richtung Spitze. Hier wurde vor langer Zeit Menschenblut gelassen. Und auch heute bluten hier noch viele Touristen, die an unzähligen Souvenir-Ständen auf dem Gelände überteuerte Mexikoerinnerungen made in China kaufen. Zweimal pro Jahr zur Tagundnachtgleiche findet an der Nordseite der Kukulcán-Pyramide das einmalige (bzw. "zweimalige") "Schauspiel der gefiederten Schlange" statt: Der Schatten der abgeschrägten Pyramidenkante fällt an diesen Tagen auf die Seitenwangen einer der Pyramidentreppen. Dabei entsteht der Eindruck, als würde sich dort eine Schlange langsam Stufe für Stufe hinunterwinden. Mag sein, dass ich zu viele Hollywood-Filme gesehen habe, aber ich wäre kaum überrascht, wenn eines Tages während des Spektakels die Pyramide als Ufo Richtung Himmel abheben würde. Vielleicht sollte man den Maya-Kalender diesbezüglich noch einmal etwas genauer studieren …
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