Wie bringt man einen Balinesen zum Lachen? - Lies ihm einfach aus unserer 70-seitigen Straßenverkehrsordnung vor! Schon bei meiner Ankunft in Denpasar stelle ich fest, dass die Balinesen die wildesten, kreativsten und zugleich besten und aggressionsbefreitesten Auto- und Motorradfahrer sind, die ich je gesehen habe. Die Beladungslast eines Mopeds wird bis zu 300 Kilogramm mit Mensch, Tier, Lebensmittel und Hausrat ausgereizt. Fahrspuren werden als lustige kleine Verzierungen des Straßenbelags angesehen. Und ob jetzt Links- oder Rechtsverkehr herrscht, darauf hat man sich auf Bali wohl noch nicht endgültig geeinigt. So gewöhne ich mich an das Bild, wie sich ein Moped mit Kleinfamilie an Bord seelenruhig auf der Gegenfahrbahn dem herannahenden LKW nähert. Der hintere Beifahrer schneidet dem Vordermann noch gemütlich die Haare, während dieser mit einem Ruhepuls von unter 60 im scheinbar letzten Moment auf seine Fahrbahn zurückzieht. Diese Gelassenheit, so denke ich mir, kann nur vom Meditieren kommen. Alles ist im Fluss … Und auch sonst hat für mich Bali mit Hektik ungefähr genauso viel zu tun wie Nudelsalat mit Schuhcreme. Eine Woche lang verbringe ich an einem ruhigen Rückzugsort im Norden von Bali in Bondalem und schaffe mir Freiraum vom Unterwegs-Sein und Leere im Kopf. Jeder Morgen beginnt vor dem Frühstück mit Yoga, um den durch die vielen Hostel-Betten krummgeschlafenen Rücken zu stärken. Statt Mittagessen gibt es für mich eine Massage auf balinesische Art. Und vor jedem Abendessen findet sich ein kleines Grüppchen zusammen, um beim 20-minütigen "stillen Sitzen" die Gedanken abzuschalten. Für manch einen mag diese Übung wie Folter klingen, aber ich genieße es, mir jeden Tag den Luxus des bewussten Nix-Tuns und Nix-Denkens zu gönnen. Bin neugierig auf die Entspannung und die Leere, die dadurch im Kopf entstehen. Leere als Luxus - klingt wahrscheinlich auch für manch einen komisch, da bei uns das Glas ja immer (halb) voll sein muss. Aber eine leere Parklücke, ein leerer Wäschekorb oder ein leerer Posteingang bei der Arbeit sind ja auch nicht gerade schlecht. Denn das zeigt, dass man etwas geschafft hat, dass man etwas abhaken konnte und das nun Platz für Neues ist. In meinem Fall: Platz für weitere Eindrücke und Erlebnisse. Und den brauche ich für meine Ausflüge auf der indonesischen Insel. Es ist so heiß, das mir Schlendern schon wie ein Sprint vorkommt. An jeder Straßenecke steigt mir die markante Mischung aus Gerüchen von verbrennendem Plastik-Müll, Kochstellen auf offenen Straße, Räucherstäbchen, Motorrad-Abgasen und von der äußerst übelriechenden Dorian-Frucht in die Nase. Auf den Märkten und vor den buddhistischen Tempeln wird gehandelt und gezerrt. Besonders mit Touristen. Aber das aggressive Feilschen lässt dennoch keine Zweifel über den feinen und edlen Charakter des balinesischen Volks kommen. Die Menschen glauben an Karma - das Konzept von Handeln und Folge, Tat und Wirkung: Gutes Handeln, Denken und Leben hat einen positiven Effekt - insbesondere für den Akteur selbst. So lohnt es sich also für jeden, seine Pflicht als guter Mensch zu erfüllen. Und was so einfach klingt, muss einfach stimmen. Ich muss gestehen, viel rumgekommen bin ich auf Bali nicht, habe nur einen kleinen Teil der schönen Strände und der üppigen, grünen Vegetation gesehen. Aber ich habe dennoch mehr erlebt, als ich mir unter einer Woche Halbpension vorgestellt hatte. Vor allem die Erkenntnis: Wer sich (auf Bali) stressen lässt, ist selbst Schuld.
Kommentar schreiben